Der Sommer unseres Lebens - 3 Wochen Praktikum in Brighton in Kooperation mit Erasmus+
von Eva-Johanna Herrlich (Schülerin des NBB)
3 Wochen, 15 NBB-Schüler und ein komplett fremdes Land. Einige von uns waren zuvor nie so lange von ihren Familien getrennt und verständlicherweise waren wir alle besonders aufgeregt.
„Wird alles glatt laufen?“ „Wie werden die Gastfamilien sein?“ „Hoffentlich klappt die Verständigung.“ Das waren einige der tausend Fragen, die sich jeder von uns stellte.
Mehrere Wochen vor unserem Abflug nach Brighton gab es einige Orga-Treffen mit NBB-Lehrerin Frau Rieber-Schulze, welche die Reise für uns organisierte.
Auch sie löcherten wir mit vielen Fragen, von Praktikum bis Unterkunft. In den Pausen wurde fast ununterbrochen über, wie wir es nannten ‚Der Sommer unseres Lebens‘ gesprochen und insbesondere die Mädels fragten sich, wie man mit 23kg Gepäck 3 Wochen lang überleben sollte. Am Abend vor dem Abflug eskalierten die WhatsApp-Gruppen dann völlig und keiner bekam ein Auge zu.
Montag, 20. Juni: Das Abenteuer geht endlich los. Gegen 9 Uhr morgens ging unser Eurowings Flug nach London Heathrow und von dort aus fuhren wir in einem Shuttle nach Hove, einem Stadtteil von Brighton. Dort angekommen wurden die Formalitäten geklärt und im Anschluss konnten wir uns einen kleinen Eindruck von Brighton machen. Das ganze wurde von Alan, unserem Ansprechpartner vor Ort geleitet.
Die alten Häuser direkt an der Strandpromenade faszinierten uns sehr und man fühlte sich direkt wohl. Im Anschluss an die kleine Führung wurden wir dann von unseren Gastfamilien abgeholt und es ging in Richtung ‚Heimat‘. Was uns hier erwartete, war für die Einen eine Freude und für die Anderen ein leichter Kultur-Schock.
Die Umstände waren von Familie zu Familie unterschiedlich. Die meisten von uns haben in Reihenhäusern gelebt, andere in luxuriösen Villen - Glückssache eben.
Unsere Gasteltern Julie und Kevin hatten uns schon vorgewarnt, dass das Zimmer, in dem meine Mitbewohnerin und ich wohnen würden, sehr klein sei - und so kam es auch. Wenn ich so zurück blicke, muss ich ein wenig schmunzeln.
Der erste Tag ging relativ schnell zu Ende, da alle erschöpft waren.
Am folgenden Tag trafen wir Alan erneut und uns wurden ausführlich die Stadt sowie unsere Praktikumsplätze gezeigt.
Einige von uns durften direkt mit der Arbeit loslegen, während andere erst am Mittwoch anfangen sollten. Dies wurde von Betrieb zu Betrieb unterschiedlich gehandhabt.
Jeder von uns arbeitete in einem ‚Charity-Shop‘ (Second-Hand-Shop) und man hatte direkten Kontakt zur englischen Welt.
Unsere Aufgaben über die gesamten 3 Wochen waren Bügeln, Preisschilder anbringen, Kleiderpuppen bekleiden und Kassieren. Anfangs fiel uns das Kassieren etwas schwer, auch wegen der neuen Begriffe, aber mit der Zeit spielte sich alles ein und es begann Spaß zu machen. Gerade der Kundenkontakt gefiel den meisten, da man mit der Sprache konfrontiert und auch mal ins kalte Wasser geworfen wurde. Auch war es interessant, nicht vor, wie gewöhnlich, sondern hinter der Kasse zu stehen. So bemerkte auch ich, obwohl ich später keinen Beruf im sozialen Bereich ausüben möchte, dass es Spaß machen kann, anderen zu helfen oder sie zu beraten.
In den ersten Tagen waren wir nach der Arbeit völlig erschöpft und Abends passierte nicht mehr viel. Doch einmal in der Routine, verabredeten wir uns zum Joggen/Spazieren am Strand oder zum Public-Viewing der Deutschland Spiele während der Fußball EM. In unserer Freizeit gingen wir gerne in Brightons Innenstadt shoppen oder trafen uns auf einen Kaffee. Alan hatte auch einiges für uns vorbereitet; einmal waren wir Abends Lasertag spielen und sind danach mit unserer Mädels-Gruppe am berühmten Brighton-Pier entlang geschlendert und haben die Zeit genossen. Auf Anfrage hatten die Mädchen vorab schon geklärt, dass sie in derselben Gegend wohnen möchten und das war sehr angenehm. Morgens fuhr der ein oder andere zusammen im Bus zum Praktikum, während andere erst später arbeiten mussten und etwas länger schlummern konnten. Und auch die Heimfahrt war jedes Mal wieder unterhaltsam, da man nie alleine war.
An unserem ersten Wochenende fuhren wir nach London. Mit dem Schnellzug ist die englische Hauptstadt nur knapp 1 Stunde entfernt und der Zug hält direkt am Buckingham-Palace. Gemeinsam mit der Reiseleitung erkundeten wir die wichtigsten Sehenswürdigkeiten Londons und hatten anschließen die Möglichkeit auf eigene Faust herum zu laufen. Was die Mädels in der Zeit getrieben haben ist doch klar, oder? Genau, SHOPPEN! Auf der weltweit bekannten Oxford Street kauften wir die Läden leer und auch die Jungs schlugen zu. Abends gegen 18 Uhr ging es dann gemeinsam zurück nach Brighton.
Auch am Sonntag blieben wir nicht verschont: Morgens früh hieß es für uns Kajak fahren - und zwar im Meer! Im Neoprenanzug war das britische Wetter auszuhalten, sobald man jedoch ins Wasser plumpste bemerkte man schnell, dass der britische Sommer nicht unbedingt dem entspricht, was wir unter Sommer verstehen.
Auch die folgenden 2 Wochen ließen keine Wünsche offen. Vom entspannen Lunch am Meeresufer, bis hin zum ‚English Tea‘ trinken war alles dabei. Achterbahn fahren auf dem Jahrmarkt durfte nicht fehlen und wir machten uns erneut (diesmal ohne Betreuung) auf den Weg nach London, um Souvenirs zu kaufen und die letzten Tage vor Ort zu genießen.
Bei meinen Gasteltern habe ich mich besonders wohl gefühlt. Das kleine Reihenhaus, 10 Minuten Fußweg vom Meer entfernt schien mir anfangs ziemlich alt und muffig. Doch mit der Zeit gewöhnte ich mich daran und fing an, mich den Gewohnheiten der Familie anzupassen. Morgens gab es für mich Frühstück und daneben lag schon das Lunchpaket für meinen Arbeitstag. Meine Gastmutter Julie sagte mir dann auch schon, was es zu Abendessen geben würde und fragte, ob dies in Ordnung für mich sei. Manches Mal hatten meine Mitbewohnerin Nina und ich einen Wunsch, den Julie uns gerne erfüllte, oder wir kündigten an, dass wir an diesem Abend außerhalb essen gehen würden.
Ich verabschiedete mich mit einer herzlichen Umarmung von meinen Gasteltern. Wir waren uns ans Herz gewachsen und die gemeinsame Zeit verging wie im Flug.
Wenn ich wollte, könnte ich noch stundenlang weiter an meinem Laptop sitzen und die tolle Zeit, die wir hatten, Revue passieren lassen. Aber ich bin der Meinung, dass jeder, der sich nun für einen Auslandsaufenthalt in Brighton zusammen mit Erasmus+ interessiert, die Erfahrung selbst machen sollte.
Die 3 Wochen im Ausland haben jeden von uns geprägt. Natürlich gab es in der Zeit vor Ort auch das ein oder andere nicht so positive Erlebnis, aber daraus sind wir gewachsen. Wir haben uns weiterentwickelt, sind selbstständiger geworden und vor allem hat jeder von uns die englische Sprache einmal richtig anwenden können.
Ich kann von mir aus sagen, dass ich gelernt habe, meine gewöhnliche Umgebung wertzuschätzen und mir ist erneut klar geworden, wie glücklich ich mich schätzen kann, in einer guten sozialen Schicht sowie einem guten Umfeld leben zu dürfen. Durch die Arbeit in den Charity-Shops hat jeder von uns 15 Jugendlichen einmal der Wahrheit ins Auge blicken können, welche wir im Alltag gerne verdrängen - nämlich, dass es uns eigentlich viel besser geht, als wir oftmals denken.
Der Begriff ‚Sommer unseres Lebens‘ spiegelt die Zeit in England eins zu eins wider und ich bin mir sicher, dass keiner von uns das Erlebte so schnell vergessen wird.